Geburt und Sexualität haben eine ähnliche Energie und dienen beide der Kreation von Leben. Beides sind Möglichkeiten für Frauen, ihre Kraft, tiefe Hingabe und die Verbindung mit ihrem Körper sowie einem grösseren Ganzen zu erleben. Dennoch werden diese Themen kaum gemeinsam thematisiert oder miteinander in Verbindung gebracht. Dies erscheint erst einmal unsinnig, da genau die gleichen Körperpartien (Vagina, Gebärmutter) und Hormone (Oxytocin) involviert sind. Als kulturellen Hintergrund vermute ich die Aufteilung von Frauen in Heilige (Jungfrau Maria, aufopfernde Mutter) und Huren (Hexen, Objekte der sexuellen Lust von Männern) für diese künstliche Trennung. Brüste dürfen auch gern in Grossformat auf Werbeplakaten den Konsum anregen, zum Stillen sollten sie dann aber lieber nicht in der Öffentlichkeit gezeigt werden.

 

Fakt ist: Geburten können lustvoll und sogar orgastisch erlebt werden. Bei den Geburtswehen zieht sich die Gebärmutter zusammen, genauso beim weiblichen Orgasmus. Dieselben Bindungshormone werden ausgeschüttet. Sowohl bei Geburten als auch in der Sexualität können Frauen in einen natürlichen Trancezustand geraten. Dieser ist gekennzeichnet durch tiefe Hingabe, oftmals eine spirituelle Erfahrung und das Erleben der eigenen Kraft. Ein solches Geburtserlebnis kann absolut schmerzfrei sein. Dabei werden Botenstoffe – eine Art natürliche Drogen – im Körper freigesetzt. Selbstbestimmte und schöne Geburtserlebnisse können die Sexualität einer Frau positiv beeinflussen. Da dies kaum jemand weiss und Geburten mehrheitlich wie ein klinischer und risikoreicher Prozess behandelt werden, sind solche Erfahrungen logischerweise eher selten.

 

Andererseits können schwierige Geburtserfahrungen, Geburtsverletzungen, das veränderte Körpergefühl, das veränderte Aussehen, der beanspruchte Beckenboden, der neue Hormonhaushalt nach Geburt und während dem Stillen einen hemmenden Einfluss auf Lust und Sexualität von Müttern haben. Die ärztliche Empfehlung, dass man nach 3 Monaten wieder Sex haben darf, nützt einem erst einmal gar nichts, wenn man den eigenen Körper fremd, ungewohnt und nicht mehr einem selbst zugehörig empfindet. Wenn sich die Vagina ausgeweitet und empfindungslos anfühlt. Wenn Erinnerungen an achtlose oder unangenehme Berührungen im Körpergedächtnis gespeichert sind. Wenn das Selbstwertgefühl mit bewertenden Kommentaren (z.B.«Sie haben viel zu viel zugenommen.») und körperlichen Einschränkungen (wie Narben oder nicht mal mehr einfachste Bauchmuskelübungen hinzukriegen) zu kämpfen hat.

 

Auch die neue Familiensituation sorgt oftmals für grosse Veränderungen. Einerseits gibt es die Dyade, die innige und sehr körperliche Verbindung, zwischen Mutter und Baby. Da ist der Vater erst einmal aussen vor. Seine Geliebte wandelt sich zur Mutter. Eine Rolle, die sie rund um die Uhr vollkommen absorbiert. Und die mit allerlei gesellschaftlichen Prägungen verbunden ist (siehe oben aufopfernde Mutter). In dieser neuen Konstellation muss ein Paar sich zurechtfinden. Und die Frau darf irgendwann zur Mutter und Geliebten werden. Auf diesem Weg gibt es kaum Vorbilder. Er ist schwierig und wühlt alte Bindungsthemen und Beziehungswunden auf. Da scheint es oftmals einfacher, gar keinen Sex zu haben. Was nicht selten zu Konflikten in Partnerschaften führt. Denn eine monogame Beziehung wollen die meisten Paare doch weiterführen.

 

Mit allen diesen Themen dürfen wir ganz liebevoll und achtsam umgehen. Die Veränderungen der Sexualität nach einer Geburt sind ein fortwährender Prozess. Hilfreich kann dabei sein:

  • Offen mit dem Partner über die Erfahrungen, eigenes Befinden und Bedürfnisse sprechen. Auch der Austausch mit Freunden oder Fachpersonen kann guttun, um zu erkennen, dass sich andere Menschen mit ähnlichen Herausforderungen auseinandersetzen und welche Lösungen dabei gefunden wurden.
  • Als Frau sich mit dem eigenen Körper und den inneren und äusseren Veränderungen auseinanderzusetzen. Mit dem Ziel, diese zu akzeptieren und in das eigene Körpergefühl zu integrieren. Da Frauen oftmals Schamgefühle in Bezug auf ihre Genitalien haben, sich daher kaum damit beschäftigen und auch keine Bezeichnungen für ihre Körperteile und -erfahrungen haben, kann eine Begleitung dabei hilfreich sein.
  • Bewusst Raum für Sexualität und Intimität schaffen. Mit sich alleine und mit dem Partner. Sich als Mutter UND als sexuelles Wesen erleben. Sich als Elternpaar UND als Liebespaar erleben.
  • Als Mensch und als Paar einen individuellen Weg finden. Annehmen, dass sich die Sexualität verändert und vermutlich in den allermeisten Fällen erst einmal weniger wird. Es geht nicht darum, was normal ist, sondern was für alle Beteiligten stimmt. Die Veränderungen und Einschränkungen können auch ein Anlass sein, um aus festgefahrenen Mustern auszubrechen und Neues auszuprobieren.

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